28. Juni 2018
Hansjörg Schneider, Peter Keckeis und das Sennentuntschi

Von Hansjörg Schneider, dem Schöpfer des Basler Kommissärs Peter Hunkeler, ist bei Diogenes vor kurzem eine Autobiografie erschienen. Im Buch unter dem Titel «Kind der Aare» erinnert sich der 80-jährige Aargauer vor allem an seine Kindheit und Jugend, aber auch an die Anfänge als Schriftsteller und seine erfolgreiche Tätigkeit fürs Theater. Berufliche Beziehungen hatte er auch zu Einsiedeln. Einerseits erhielt er von der Welttheatergesellschaft vor 40 Jahren den Auftrag, «Das Grosse Welttheater» von Pedro Calderón de la Barca ins Schweizerdeutsche zu übertragen. Das Resultat wurde aber schliesslich abgelehnt, «was mich bis heute wurmt», wie Schneider gesteht. Andererseits erschienen zwei seiner Bücher im Benziger Verlag. Zudem inspirierte ihn Verlagsleiter Peter Keckeis zu seinem Erfolgs- und Skandalstück «Sennentuntschi». Aber der Reihe nach:

 

Schneiders Freund und Schriftsteller-Kollege Werner Schmidli, der schon länger bei Benziger publizierte, machte ihn Anfang der 70er-Jahre mit Keckeis bekannt. Und 1972 kam sein zweites Buch, die Erzählung «Die Ansichtskarte», tatsächlich bei Benziger heraus. Aber Keckeis habe sie «in einer Art und Weise lektoriert, die ich nicht in Ordnung fand», schreibt Schneider in seinem Lebensrückblick. «Offenbar dachte er, ich könne nicht richtig Deutsch. Er hat fast jeden zweiten Satz korrigiert. Ich habe, in Zusammenarbeit mit der Lektorin Renate Nagel, die meisten Korrekturen wieder rückgängig gemacht». Die Chemie zwischen Keckeis und Schneider stimmte offensichtlich nicht. Als er ihm, nach seinen Plänen befragt, gesagt habe, er wolle einen Roman schreiben, habe er ihn griesgrämig angeschaut und prophezeit: «Sie werden versanden».

 

Mit seinem nächsten Buch ging Hansjörg Schneider dann zur Lenos Presse nach Basel und kehrte erst 1980 mit dem Roman «Lieber Leo» zu Benziger zurück. Da war Peter Keckeis jedoch bereits bei Huber in Frauenfeld, und für die Belletristik zeichnete inzwischen Renate Nagel verantwortlich. Dass Schneider aber seinen grössten Theatererfolg auch ein bisschen Peter Keckeis verdankte, verschweigt er in «Kind der Aare» nicht. Er habe sich einmal mit Keckeis «über Frauen im Allgemeinen» unterhalten. «Er war der Meinung, vor Frauen gebe es nur Flucht. Als Beweis dieser These hat er mir die Sage vom Sennentuntschi erzählt. Als er damit fertig war, wusste ich, dass ich darüber ein Stück schreiben werde». Mit dem erfolgreichen «Sennentuntschi» verursachte er zehn Jahr nach der Uraufführung am Schauspielhaus Zürich einen Skandal, als es vom Schweizer Fernsehen ausgestrahlt wurde. Maja Stolle, die heute in der Rolle einer älteren Dame plakativ für die SBB-App wirbt, spielte damals die Titelfigur, eine Puppe, die den Sennen auf der Alp als Sexobjekt diente.