14. Februar 2019
Gruss und Kuss aus Einsiedeln

Kurz, weniger förmlich, günstiger und schneller als der Brief. Das war von Anfang an das Erfolgsrezept der Postkarte. Sie wird in diesem Jahr 150 Jahre alt. 1869 wurde sie als «Correspondenzkarte» offiziell in Österreich eingeführt. Der Erfolg des neuen Mediums war riesig. Bald entdeckte auch Einsiedeln ihr Potenzial.

Postkarten waren billiger als ein Brief oder ein Telegramm, und da die Post mehrmals täglich zugestellt wurde, war es sogar möglich, per Postkarte einen Termin am gleichen Tag zu vereinbaren oder kurze Geschäftsmitteilungen zu verschicken – ähnlich den heutigen SMS, E-Mails oder WhatsApp-Nachrichten. Dank der Erfindung von modernen und preisgünstigen Mehrfarben-Drucktechniken gab es ab 1890 Ansichtskarten, die mit Illustrationen und Fotomotiven verziert waren. Mittels der Chromolithografie konnte man nun auch farbige Postkarten herstellen. Der Lichtdruck ermöglichte die Herstellung von Schwarz-Weiss-Fotopostkarten, die mit verschiedenen komplizierten Verfahren koloriert wurden.

Auch in Einsiedeln nutzte man mit dem Aufkommen des Tourismus das neue Kommunikationsformat und druckte massenweise Ansichtskarten. Kloster- und Dorfansichten, Strassen und Plätze, Landschaften mit und ohne Kapellen sowie religiöse Feste waren prädestinierte Sujets. Hotels, Geschäfte und Gasthöfe setzten nun eigene Postkarten als Werbeträger ein. Stolz präsentierte man das neue, antikisierend gestaltete Rathaus und das neue Bahnhofgebäude. Nicht nur einheimische Verlage wie Benziger, sondern auch solche aus Zürich oder Luzern produzierten Ansichtskarten mit Einsiedler Motiven. Eine Mode der Zeit waren sogenannte «Mondscheinkarten», die man auf dunklem Karton druckte.

Um spezifische Zielgruppen anzusprechen, setzte man gezielt künstlerische Mittel ein. Zum Beispiel wurden mehrere Bildebenen kompiliert und mit Staffagefiguren im Vordergrund ergänzt. Mit Bildern von Kindern richtete man sich direkt an Familien. Seminaristen standen für das idyllische Studentenleben. Schneelandschaften und Skifahrer wandten sich an Wintersportler.

Die Jahrzehnte um 1900 waren die Blütezeit der Ansichtskarte. In der Schweiz und überall in Europa wurde sie millionenfach verschickt. Jeder konnte seine Erlebnisse nun schnell Freunden und der Familie mitteilen oder eine Postkarte als Andenken an den Ausflug in die Berge, in die Stadt oder an den Wallfahrtsort mit nach Hause nehmen. Sehr populär war es, Postkartenmotive in Alben einzuordnen und sie untereinander zu tauschen. Dies in einer Zeit, in der die private Fotografie noch nicht verbreitet war. Es waren die Ansichtskarten, welche die allgemeine Bildvorstellung einer Stadt oder eines Dorfes prägten.